Interview Clara Koppenburg (DE)

 Interview Clara Koppenburg

Sie hat ihre Kindheit in den Bergen verbracht, und auch im Alter von 27 Jahren ist dies immer noch ihr Terrain. Clara Koppenburg hat sich zu einer mehr als anständigen Kletterin entwickelt. Während andere Fahrer von tagelangen, intensiven Rennen müde werden, wird sie besser. Nach guten Ergebnissen bei vielen Etappenrennen nahm sie in diesem Sommer an ihrer ersten Tour de France teil. In diesem Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen und verrät ein kleines "Geheimnis" über ihr Training.

 

Sie nehmen an Ihrer ersten Tour de France teil. Welche Erwartungen haben Sie im Vorfeld des Rennens?

ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich zwar sehr auf meine erste TdF gefreut habe aber gleichzeitig auch Riesen Respekt davor hatte.

Ich hatte mir 3 Etappen im Vorfeld angeschaut und wusste wie hart es wird. Dazu kam, dass das Peloton RIEISG war mit über 150 Fahrerinnen und das Niveau extrem hoch. Jedes Team hat seine besten 7 Fahrerinnen mitgenommen und alle wollten ihr bestmögliches Rennen fahren: sei es in einer Ausreißergruppe, im Sprint, im Zeitfahren oder in den Bergen. Es wurde jeden Tag hart gefahren, attackiert, sich nichts geschenkt…

Die ersten 4 Tage hatte ich große Mühe mich überhaupt im Feld zurecht zu finden. Wenn ich ehrlich bin habe ich mich eher wie ein Lückenfüller/ Statist gefühlt. Dazu kamen zwei Stürze, schwere Wetterbedingungen und zunehmende selbstzweifel.

Zwar waren unfassbar viele Zuschauer da, wir haben so viel Aufmerksamkeit erhalten, Interviews gegeben und wurden wie Königinnen behandelt, jedoch hatte ich kaum die Nerven es zu genießen. Jede Sekunde im Rennen war ich angespannt, aus Angst Fehler zu machen, zu stürzen, abzufallen…

Erst ab der 5ten Etappe habe ich angefangen, mich Teil der Tour zu fühlen. Ich bin in eine starke Ausreißergruppe gekommen und konnte so am Ende um das Podium mitsprinten. Ab da habe ich mehr Selbstbewusstsein gespürt und mich besser fokussieren können. So konnte ich mich im Gesamtklassement doch noch nach vorne kämpfen und mit einem guten Zeitfahren am Ende in die Top 15 fahren.

Ein akzeptables Ergebnis! Es wäre mehr drin gewesen, hätte ich in den ersten Tagen nicht so viel Energie durch die Stürze etc verloren.


Sie haben bei jedem Etappenrennen, an dem Sie teilgenommen haben, einen Platz umher den Top 10 belegt. Was ist Ihr Geheimnis, um das ganze Jahr so konstant zu sein?

Ich denke mir liegen Etappenrennen im allgemeinen mehr als Eintragesrennen. Meist brauche ich 1-3 Tage um mich an das Rennen zu gewöhnen und kann hinten raus meine Karten ausspielen, während andere eventuell müde werden.

Ich trainiere nicht nach dem typischen 3-1 Block (3 Tage Training/ 1 Tage Ruhe). Manchmal sind es 10 Tage Training, manchmal 5…. Das hilft mir. Das mein Körper und Kopf nicht in einen Rhythmus fallen und ich auch Etappenrennen gut überstehe. Grundsätzlich ist es wichtig am Anfang vom Jahr seine Höhepunkte festzulegen und so das Training, die Ruhephasen und Wettkämpfe gut aufeinander abzustimmen und so eine konstante Leistung zu erbringen!

Obwohl Sie nur 27 Jahre alt sind, haben Sie bereits vor 8 Jahren an Ihrer ersten Grand Tour teilgenommen. Hat sich seither im Sport viel verändert?

oh so einiges!! Alles ist viel professioneller, Teams sind größer, haben große Busse, mehr Staff (Mehrere Physiotherapeuten, Mechaniker, Busfahrer, Köche…) … das ganze Umfeld erleichtert es uns Fahrerinnen, dass wir uns voll und ganz auf das Rennen konzentrieren können. Man könnte sagen wir müssen nur pedallieren, essen und schlafen… alles andere wird vom Team Umfeld übernommen was ein richtiger Luxus ist.

Aber auch die Rennen an sich sind viel professioneller und populärer geworden. In der Vergangenheit konnte man unsere Rennen kaum in den Medien verfolgen, heute wird fast alles übertragen. Das macht unseren Sport populärer, es „fließt“ mehr Geld und die meisten Fahrerinnen können endlich davon leben!

Aber es wurde auch härter. Das Niveau steigt von Jahr zu Jahr. Sprinter können nun auch die Berge hochfahren, die Durchschnittsgeschwindigkeiten werden immer höher, die leistungsdichte immer enger, was es enorm schwer macht, sich von der „Menge“ abzusetzen.

Ich habe das Gefühl, früher galt wer viel trainiert fährt allen davon. Heute ist Training eine Sache, wir alle trainieren viel… ausschlaggebend sind nun Dinge wie Mental Training, Ernährung, Verpflegung während dem Rennen, Material, Höhentraining, Supplemente, bike fittings…

Ich glaube wirkich, dass alle Fahrerinnen extrem fleißig sind, hart trainieren und gesund leben , aber diejenigen die das richtige Umfeld, Material und Dinge wie Höhentrainingslager machen haben Chancen auf den Sieg.


Sie haben hauptsächlich an Etappenrennen teilgenommen. Würden Sie gerne auch an mehr Eintagesklassikern teilnehmen?

ich mag Etappenrennen. Da lohnt sich die Anreise..🤣

Ich finde Etappenrennen taktisch spannend, weil es verschiedene Interessen gibt! Es gibt Sprint und Bergwertungen, Zeitfahren etc.

Ich finde Etappenrennen zeigen mehr , wer wirkich zu den besten gehört da verschiedene Qualitäten abgefragt werden und man jeden Tag aufs neue performen muss.

Natürlich sind es Riesen Erfolge wenn man einen eintagesklassiker gewinnt , dennoch ist es für mich nichts vergleichbar mit einem Sieg nach 8-10 Tagen Giro oder TdF…

Ich fahre gerne auch eintagesrennen und mich sportlich und auch taktisch weiterzuentwickeln aber meine Zukunft sehe ich schon in den Etappenrennen .

 

Sie haben an der berühmt-berüchtigten Tour des Pyrenees teilgenommen. Wie haben Sie die Ereignisse bei diesem Rennen erlebt?

oh jeh… das war kein schönes Erlebnis. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, da die Strecken vielversprechend aussahen und die Region ein Traum ist. Bereits in der ersten Etappe war es ein Chaos mit Autos, fehlender ambulance, neutralisier rennphase und dann in den entscheidenden 500m wo ich um den Sieg gekämpft habe ein fahrendes Auto in unsere Gruppe…

Der zweite the verlief leider kaum besser sodass es die einzig und richtige Entscheidung war. Dass wir das Rennen boykottiert haben.

Ich finde wir können stolz sein: dass wir ein Zeichen setzten auch wenn es hart war die Entscheidung zu treffen.

Ich hätte mir gewünscht. Dass bereits nach der zweiten Etappe ein Entscheidung getroffen worden wäre und wir vom Veranstalter den nötigen Rückhalt erhalten hätten und uns keine Vorwürfe anhören hätten müssen.

Sicherheit ist das oberste Gebot und wenn dies nicht gewährleistet werden kann, ist es ein no go das Rennen fortzuführen.

Ich finde es sehr schade. Dass das alles so ausgeatet und ins falsche Licht gerückt wurde. Natürlich tut es eigen für den Veranstalter leid, da sehr viel Arbeit und Geld in einem solchen Rennen steckt aber gleichzeitig wissen wir alle. Dass es die richtige Entscheidung war.

 

Sie sind in der Nähe der Berge geboren. Sind Sie schon in Ihrer Kindheit gerne in den Bergen Rad gefahren?

Nein im Gegenteil. Ich habe erst mit 17 Jahren angefangen mit Radfahren. Als Kind habe ich es gar nicht gemocht und mich auf andere Sportarten wie Leichtathletik, Basketball, Skifahrern und reiten konzentriert.

Jetzt bin ich aber sehr froh, in der schönstens Region der Welt zu wohnen und die Berge mit meinem Rad zu erkunden.


Welches ist Ihr Lieblingsanstieg, den Sie bisher bei einem Rennen oder im Training erlebt haben?

der Mont Ventoux wird mir immer in Erinnerung bleiben. Einfach weil er so ein ikonischer Berg ist, so brutal und gleichzeitig wunderschön und ich dort mein wohl bestes Ergebnis erzielen konnte.

Ansonsten liebe ich die Anstiege im Schwarzwald da diese immer schön im Wald sind, man zwischen 2-18km mit verschiedenen steigungsprofilen bergauf fahren kann, die Straßen und Aussichten perfekt sind und es einfach so abwechslungsreich ist.


Die besten Jahre liegen jetzt vor Ihnen. Was sind Ihre zukünftigen Ambitionen?

grundsätzlich ist mir das wichtigste, dass ich nie den Spass verliere und gesund bleibe. Natürlich gehören Stürze dazu aber ich hoffe, dass ich mir den Knochenbrüchen für jetzt durch bin.

Ansonsten träume ich natürlich von verschiedenen Trikots wie dem deutschen Meistertrikot, einem leader Trikot oder bergtrikot und dem ein oder anderen Sieg bei großen Rennen.


Comments